Ein kulturpolitischer Ausblick von Stadtrat Günter Riegler

Ich freue mich, in der neuen Gemeinderatsperiode 2021-2026 neben dem Wirtschafts- und Tourismusressort weiterhin die Bereiche Kunst, Kultur und Wissenschaft verantworten zu dürfen und danke dem Gemeinderat für die Erteilung dieses Auftrages. Nachfolgend meine wichtigsten Anliegen und Zugänge für die kommenden fünf Jahre.

  • Grundpositionen zu Kultur und Wissenschaft
    1. Europa
    2. Fortschritt / Innovation / Technologie / Investition
    3. Freiheit der Kunst
    4. Faire Spielregeln

Kunst, Kultur und Wissenschaft sind nicht nur Grundpfeiler unserer europäischen Kultur und unseres Selbstverständnisses, sondern zugleich Standortfaktor im produktiven Wettbewerb der Regionen Europas. Wir sind Grazer*innen, Steirer*innen, Österreicher*innen und Europäer*innen – der Weg der Stadt Graz und der Region Steiermark als einer der führenden Forschungs-/Entwicklungs- und Kulturregionen Europas soll fortgesetzt werden. Der Dialog mit europäischen Institutionen, die Vernetzung mit europäischen Kulturinitiativen, Dachverbänden, Interessensvertretungen und den europäischen Förderprogrammen soll aufrechterhalten und – wo möglich – noch verstärkt werden.

 

Aufgabe der Grazer Kulturpolitik muss daher sein, die internationale Wettbewerbsfähigkeit und Relevanz der Grazer Kultur- und Wissenschaftsinstitutionen und somit die Ziele der UNESCO bestmöglich und mit voller Kraft zu unterstützen. Dies möchte ich durch die in den nachfolgenden Punkten angesprochenen Schwerpunktsetzungen umsetzen.

  • Fair-Pay

Die Bestrebungen einer fairen Bezahlung für Kulturschaffende sind bereits in den Koalitionspapieren von Bund, Land und der Stadt Graz verankert. In der kommenden Gemeinderatsperiode werde ich verstärkt in Verhandlungen mit dem Bund, dem Land und den Interessensvertretungen der Künstler*innen eintreten, um gemeinsam einen Schritt in Richtung Schließung des Gaps zu setzen. Kurz- und mittelfristige Unterstützungen werden mit Hilfe von Inflationsanpassungen bei mehrjährigen Förderungen sowie einer wohlwollenden Beurteilung von Fair-Pay-Kalkulationen bei Projektanträgen getätigt.

  • Budget

In der vergangenen Gemeinderatsperiode wurden die Kultur- und Wissenschaftsbudgets unter meiner Zuständigkeit jährlich um drei Prozent erhöht. Diese Steigerungsrate stellt einen wichtigen Beitrag zur Absicherung unserer Künstler*innen und Wissenschafter*innen und der damit verbundenen florierenden Kultur- und Wissenschaftslandschaft dar. Ich setze mich bei den bevorstehenden Budgetverhandlungen für eine Fortführung dieser Steigerungsrate ein und fordere die Koalitionsregierung auf mich dabei zu unterstützen. Genauso wie für das Kulturjahr 2020 hoffe ich auf Verständnis der neuen Koalition für die Bereitstellung eines jährlichen Sonderbudgets, um unter dem Schlagwort „Kulturjahr ist immer“ die drängendsten Zukunftsfragen des modernen Lebens mit Hilfe von Kunst und Wissenschaft aufzuarbeiten.

  • Mehrjährige Förderungen

Mit den mehrjährigen Förderungen wird Kontinuität und Planungssicherheit gewährleistet und sind diese ein wichtiges Instrument im bereits reichhaltigen Förderungswerkzeugkoffer. Bereits bei der einjährigen coronabedingten Verlängerung auf das Jahr 2022 wurde durch meinen Antrag eine Fair-Pay-Erhöhung von fünf Prozent bis zu einer Fördersumme von EUR°100.000,- bzw. drei Prozent ab einer Fördersumme von EUR 100.001,- erwirkt. Mit der Einladung zur Einreichung der Förderverträge für die Jahre 2023 bis 2025 schaffen wir in diesen schwierigen Zeiten verlässliche Rahmenbedingungen, um unsere Künstler*innen auf unserem Weg aus der Krise heraus gut zu begleiten. Gleichzeitig wird mit einer abgestuften Valorisierung ein weiterer Akzent in Richtung Fair-Pay gesetzt.

  • Schlüsselprojekte

Tennenmälzerei

Mit dem Beschluss des Gemeinderates im April 2021 wurde die Tennenmälzerei in Graz Reininghaus angekauft und soll nun zu einem lebendigen Ort der Begegnung werden, in dem Kunst und Kultur eine große Rolle spielen. Gemeinsam mit Prof. Otto Hochreiter, Direktor des GrazMuseum, habe ich im vergangenen Jahr ein Konzept entwickelt, das Museum, Begegnungszone und Kunst mit den notwendigen Erfordernissen einer modernen Stadtteilarbeit vereint. Im vorliegenden Konzept finden Bibliothek, ein Industrie-/Designcenter, Gastronomie, Stadtteilbüro und Servicestelle sowie Räumlichkeiten für Workshops und Sport gleichermaßen Platz und versprechen durch eine vielschichtige und ineinandergreifende Nutzung die größtmögliche Frequenz.

Mit der Idee eines Industriemuseums/Designcenters soll eine Anknüpfung an den industriegeschichtlichen Standort des neuen Stadtteils Reininghaus hergestellt und zugleich die Gegenwart und Zukunft des Industrie- und Designstandortes Graz beleuchtet werden. Die räumlich nahe gelegene Fachhochschule Joanneum mit ihrem Industrie-/Design-/ Engineeringschwerpunkt soll ebenso an diesem neuen Begegnungsort vertreten sein wie auch die Industriellenvereinigung mit ihren in Graz ansässigen Mitgliedsunternehmen und deren Beiträgen zu Dekarbonisierung, Ressourceneinsparung und Produktivitätszuwächsen. Damit verbinden möchte ich ein weiterhin klares Bekenntnis zum Industrie- und Innovationsstandort Graz – ganz im Sinne der Positionen der Industriellenvereinigung Steiermark, die der neuen Stadtregierung jüngst ein „Vademekum“ für die kommende Gemeinderatsperiode übermittelt hat.

Nächste Ausbaustufe GrazMuseum / Reinerhof – Graz 2028

Im Jahr 2028 jährt sich die erste urkundliche Erwähnung der Stadt Graz zum 900. Mal, was zum Anlass genommen werden soll, die Geschichte der Stadtwerdung begreifbar und erlebbar zu machen. Mit dem von Dir. Otto Hochreiter entwickelten, vorliegenden Konzept soll im ersten urkundlich erwähnten Gebäude, dem Reinerhof am Fuße des Schloßberges, ein neues Museum entstehen, das diesem besonderen historischen Ort gerecht wird. Das „Graz Museum Reinerhof“ soll als Verbindungsstück zwischen Berg und Stadt fungieren und fügt sich in das Dreieck aus GrazMuseum Sackstraße und dem kürzlich mit dem Architekturpreis des Landes versehenen GrazMuseum Schloßberg ein.

Beide Schlüsselprojekte beabsichtige ich in naher Zukunft der Grazer Stadtregierung zu präsentieren, um – mit hoffentlich breitem Konsens – diese mit den notwendigen Budgets auszustatten. Die Tennenmälzerei und das GrazMuseum Reinerhof sollen der Erinnerung an und der Wertschätzung für unsere 900jährige Geschichte dienen; einer Geschichte, die von Fortschrittsgeist, Ausdauer und Internationalität ihrer Bewohner*innen geprägt ist, die aber auch Licht und Schatten aufweist.

All diese Vorhaben werde ich mit dem von mir eingerichteten Kulturbeirat fortlaufend abhandeln, um durch die Konsultation der unterschiedlichsten Expert*innen bestmöglich beraten in der kommenden Gemeinderatsperiode agieren zu können.