Weckruf für Finanzstadtrat Eber – 11 Wochen sind vergangen, es ist Zeit!

Seit der konstituierenden Gemeinderatssitzung im November sind nunmehr 11 Wochen und einige Tage vergangen, von Seiten des Finanz-/Immobilien- /Beteiligungs- und Personalstadtrats Manfred Eber fehlen nach wie vor Richtlinien und Entscheidungen. Abgesehen von kleinen gelegentlichen Routinebeschlüssen in Stadtsenat und Gemeinderat herrscht zur Zeit finanzpolitischer Stillstand. Grund genug für einen Weckruf.

Rechnungsabschluss

„Der städtische Rechnungsabschluss dürfte meiner Einschätzung nach längst fertig gestellt sein, ich erwarte mir sehr positive Zahlen aus mehreren Gründen: Erstens hat die Bundesregierung im neuesten Gemeindepaket die Rückzahlungsverpflichtung für Ertragsanteile erlassen. Zweitens haben wir im Budget für 2021 vorsichtige Zahlen angesetzt – die Wirtschaft hat sich aber weit positiver entwickelt“, erklärt der frühere Finanzstadtrat und nunmehrige Kultur- und Wirtschaftsstadtrat Günter Riegler. Das müsste sich Einschätzungen Rieglers zufolge auch eindeutig im Rechnungsabschluss ablesen lassen. „Ich ersuche Herrn Stadtrat Eber auf, die vorläufigen Zahlen bekannt zu geben – erfahrungsgemäß lassen sich Anfang Februar stets bereits verlässliche Werte für den laufenden Saldo, das EBITDA und den Schuldenstand ablesen – die Kenntnis dieser Daten wäre wichtig für die Budgetverhandlungen“, so Riegler.

Budgetprozess

Üblicherweise wird vom städtischen Finanzstadtrat rund fünf bis sechs Monate vor der jeweiligen Budgetsitzung ein Budgetfahrplan erstellt und eine Ausgangslage formuliert. „Diese Unterlagen scheinen noch nicht einmal in Arbeit zu sein. Vergangene Woche habe ich im Stadtsenat nachgefragt und keine befriedigenden Antworten erhalten. Der Budgetfahrplan wäre wichtig, um Termine und Anforderungen von Unterlagen zu bekommen, die von den RegierungskollegInnen und Tochtergesellschaften vorzulegen sind“, moniert der frühere Finanzstadtrat. „Ich ersuche Herrn Stadtrat Eber dringendst, einen Fahrplan und die Eckwerte vorzulegen und die konkret zu erstellenden Unterlagen zu benennen“, appelliert Riegler.

Konsolidierte Zahlen – Mittelfristplanung

Seit Monaten bleibt die neue Rathauskoalition ihre Antwort auf die Frage, wie sie es mit der Schuldenobergrenze hält, schuldig. „Bei meiner Pressekonferenz zum Kassasturz im November 2021 habe ich bereits darauf verwiesen, dass infolge der finanziell positiven Entwicklung die Schuldenobergrenze von drei Jahreseinnahmen aus Gebühren und Steuern nun wieder fixiert werden sollte“, unterstreicht Riegler. Eine klare Antwort ist die Regierungskoalition bislang schuldig geblieben. „Daher ist es auch nicht glaubwürdig, wenn Bürgermeisterin Elke Kahr und Vizebürgermeisterin Judith Schwentner nun in den Medien darüber klagen, dass die Vorgängerregierung nur 128 Mio. EUR an freien Investitionsmitteln übriggelassen hätte, stellt der ÖVP-Stadtrat klar „Ich fordere Bürgermeisterin Kahr und den Finanzstadtrat Eber daher auf, bekannt zu geben, welche Schuldenobergrenze gelten soll und in welchem Ausmaß sie gedenken, den Investitionsfonds aufzustocken.“

Investitionsvolumen und fehlende Investitionsspielräume

Das Investitionsvolumen im „Haus Graz“ lag in den vergangenen Jahren stets bei rund 150-200 Mio. EUR pro Jahr. Derzeit herrscht wegen des überlangen Provisoriums aber Stillstand. „Bisher hat die Stadtregierung lediglich Schlagzeilen mit der geplanten Absage von wichtigen Projekten gemacht, anstatt sich auf eine Investitionsprioritätenliste zu verständigen“, hält der beeidete Wirtschaftsprüfer und Steuerberater fest. „Als Kenner der Materie bin ich darüber hinaus in Sorge, was zukünftige Investitionen anbelangt, die für die Lebensqualität und Infrastruktur in der Stadt essenziell und dringend notwendig wären. Die Koalition aus KPÖ, Grüne und SPÖ hat es in kurzer Zeit und noch ohne wirkliches Budget geschafft viele Mittel zu verplanen, etwa durch Aussetzung der Gebührenerhöhungen, Zuzahlungserweiterungen zur Jahreskarte und Klimaticket bzw. Ausweitung von Sozialausgaben“, so Riegler weiter. „Ich fordere Frau Bürgermeisterin, Frau Vizebürgermeisterin und Herrn Finanzstadtrat Eber daher auf, Klarheit über die Prioritätenliste bei den Investitionen zu schaffen und den Investitionsrückstau zu beenden.“

Bundes- und Landeszuschüsse zur Straßenbahn

Riegler zufolge sei es erfreulich, wenn Bürgermeisterin Kahr in der ORF-Pressestunde – offenbar ohne mit Vizebürgermeisterin Schwentner abgestimmt zu sein – verlautbart, dass der Bund bei der Finanzierung der Straßenbahnen in Zukunft mit an Bord sein werde. „Das hatten auch schon frühere zuständige Minister sogar bei Pressekonferenzen verlautbart. Bundesminister aD. Leichtfried war 2017 im Grazer Rathaus genau mit dieser Ankündigung zu Gast, Bundesminister aD. Hofer hatte eine Mitfinanzierung bei der Metro versprochen. Eine Zuzahlung ist also erst dann wirklich fixiert, wenn das Geld beschlossen ist. Das lehrt uns leider die Geschichte“, beteuert der Ex-Finanzstadtrat. Zudem sei der in den Medien kolportierte Zuschuss von 16 Mio. EUR zum Straßenbahn-Ausbau noch vor der Gemeinderatswahl im September unter Siegfried Nagl ausverhandelt worden. „Ich fordere Frau Bürgermeisterin und Frau Vizebürgermeisterin auf, offiziell den Verhandlungsstand zu berichten und welche künftigen laufenden Bundesmittel zu erwarten sind.“, so Riegler.

Aufsichtsräte

Bekanntlich ließ die rot-grün-rote Regierungskoalition im Dezember eine Liste betreffend die neuen Entsendungen von Vertretern der Stadt Graz in Körperschaften und Kommissionen sowie in Beteiligungen bzw. wirtschaftlichen Unternehmungen beschließen. Der Wirtschafts- und Kulturstadtrat skizziert: „Und das, obwohl KPÖ-Clubobfrau Braunersreuther bereits vor Beschlussfassung ankündigen musste, dass wegen Verletzung der Frauenquote durch die SPÖ-Fraktion dies nur eine vorläufige Liste sei. Seither ist nichts passiert. Die bisherigen Aufsichtsräte sind nach wie vor in Verantwortung stehend, die Neubestellungen durch die Generalversammlungen nicht vollzogen und es scheint geplant zu sein, die bisherigen Aufsichtsratsmitglieder weiterhin im Amt zu lassen, obwohl diese bereits im Dezember einen Dankesbrief des Finanzstadtrates aus Anlass des Abschiedes erhalten haben“. Riegler weiter: „Ich fordere Herrn Finanzstadtrat Eber auf, diesen ungeordneten Zustand zu beenden und für gesellschaftsrechtlich korrekte Verhältnisse zu sorgen.“

Abschließend appelliert der frühere Finanzstadtrat und nunmehrige Wirtschaftsstadtrat: „Budgetierung und Finanzpolitik sind der wichtigste Schlüssel für erfolgreiche Kommunalpolitik. Nicht umsonst wird das Budget als das in Zahlen gegossene Programm bezeichnet. Obwohl seit der Koalitionspräsentation einige Zeit vergangen ist, gibt es noch immer keine Anhaltspunkte darüber, wie die weiteren Budgets aussehen werden. Stattdessen wird vertröstet, abgesagt und verschoben. Es ist höchst an der Zeit vom Reden ins Tun zu kommen.“

(c) Marija Kanizaj